Die Entscheidung liegt bei der Frau
Abstimmung vom 2. Juni 2002
Der Entscheid der Leben annimmt ist immer ein individueller, aus der Kombination von Herz, Vernunft und der Situation. Das Strafrecht droht nur und entmündigt. Doch wer ungeborenes Leben tatsächlich schützen will, muss Hilfen für das geborene Leben bereitstellen.
Bei den beiden Abstimmungsvorlagen dürfen wir keinesfalls über die Moralität des Schwangerschaftsabbruchs entscheiden wollen. In erster Linie soll es darum gehen, den rechtlichen Rahmen abzustecken, innerhalb dessen jede Frau ihre eigene freie Entscheidung treffen kann. Keine Frau wird in dieser Situation eine leichtfertige Entscheidung treffen. Kein anderes Verfahren stellt besser sicher, dass richtig entschieden wird. Denn die eigene Entscheidung muss auch selbst gesucht, durchlebt und verantwortet werden.
Die Realität akzeptieren
Die tiefsten Abtreibungsquoten Europas findet man in Holland und Irland. Das sind die Staaten mit dem jeweils liberalsten und strengsten Abtreibungsrecht. Warum ist das so? In Holland stimmt die tiefe Zahl, nirgends wird erfolgreicher verhindert, dass überhaupt ungewollte Schwangerschaften passieren. Schon in der Schule wird in Rollenspielen das Problembewusstsein geschärft, die jungen Menschen auf den verantwortungsvollen Umgang mit der Freiheit vorbereitet. In Irland dagegen stimmen die Zahlen nicht. Irinnen, die abtreiben wollen, gehen einfach nach England.
Unser Gesetz, welches bis heute den Frauen diese freie Entscheidung verweigert, ist sechzig Jahre alt und entspricht nicht mehr der gelebten Wirklichkeit. Laut diesem Gesetz wäre ein legaler Schwangerschaftsabbruch nur möglich, wenn ein dauernder Schaden der Frau zu befürchten ist. In der Realität haben wir überwiegend eine dem Einzelfall gerecht werdende vernünftige Praxis. Mit einem JA zur Fristenlösung und einem klaren NEIN zur Initiative Mutter und Kind können wir den betroffenen Frauen jene Toleranz und jenes Vertrauen entgegenbringen, welche eine verantwortungsvolle Entscheidung ermöglichen.
Bessere Voraussetzungen für Eltern und Kinder schaffen
Leider verlieren viele selbsternannte Schützer des ungeborenen Lebens nach der Geburt das Interesse an den Probleme und Sorgen von Frau, Kind, Familie, Krippe, Schule und Gesellschaft. Dabei sind es diese Aspekte, welche am nachhaltigsten den Entscheid jeder Frau beeinflussen. Lässt man sie alleine, oder finde sie gute Voraussetzungen um ihr eigenes Leben und ihre Rolle als Mutter ideal zu verbinden? Auch hier zeigt ein Blick auf die 29 europäischen Länder, welche die Fristenlösung bereits eingeführt haben, dass es in der Schweiz noch viel zu tun gibt, um namentlich die Vereinbarkeit von Beruf und Familie zu verbessern.
Myriam Weber