Abstimmung über den Wertewandel, Empfehlungen zu kantonalen Abstimmungen

Gerade weil die Menschen verschieden sind, brauchen sie gleiche Rechte. Das schrieb Tolstoi vor 130 Jahren. Ein Grundsatz, welcher bei den gestellten zwei Fragen zu zwei klaren Antworten führt.

1989 wurde die Registrierung gleichgeschlechtlicher Paare erstmals eingeführt, in Dänemark. Dann folgten Schweden, Holland, Norwegen, Finnland, Frankreich, einige US-Bundesstaaten, Neuseeland, Deutschland etc. Überall verlief die Einführung nach dem gleichen Muster. Davor wurde von extrem fundamentalistischen Kreisen dagegen polemisiert und an manchen Stammtischen gelästert. Die konservativen Parteien haben in einigen Parlamenten dafür gestimmt, in anderen dagegen. Nirgends ist es gelungen einen Volkssturm des Entsetzens gegen die Schaffung einer legalen Grundlage für homosexuelle Paare zu mobilisieren. Nach der Einführung ist dann im wahrsten Sinne des Wortes endgültig die Normalisierung eingezogen. Schon nach kurzer Zeit betrachtete man die neue Institution des Zivilrechtes als eine Selbstverständlichkeit. Genauso wird es auch in der Schweiz ablaufen, falls dieses Gesetz die Volksabstimmung im Kanton Zürich übersteht. Erstmals weltweit wird über diese Frage an der Urne abgestimmt. Das ist nicht ganz ohne Risiko. Bei Werbeaktionen treffen die Befürworter überall auf Menschen, welche erstaunt sind, dass sie sich für diese Selbstverständlichkeit noch an die Urne bemühen müssen. Das ist doch klar, dass man dafür ist. Wenn nur die Gegner mobilisieren, kann eine solche Abstimmung zu einem Resultat führen, welches die Meinung der breiten Öffentlichkeit nicht wiedergibt. Auch wenn der Wertewandel in unserer Gesellschaft bereits weitgehend abgeschlossen ist: Nicht vergessen, Abstimmen, Ja stimmen !

Alter ist nicht das Armutsrisiko Nummer eins

Die Volksinitiative zur Wiedereinführung des Altersabzuges im kantonalen Steuerrecht löst keines der vorhandenen Probleme. In den umliegenden Staaten werden die Regierungen teilweise von Gerichten gezwungen, die wirklich grossen Fehler in den Steuersystemen zu korrigieren. Das führt dazu, dass z.B. das Existenzminimum, das Mindesteinkommen, welches ein Mensch oder eine Familie zum Leben braucht, nicht mehr besteuert werden soll. Dabei spielt das Alter überhaupt keine Rolle. Es hat schliesslich immer keinen Sinn, wenn der Staat Menschen erst Geld wegnimmt, welches sie zum Leben brauchen und sie danach beim Sozialamt wieder Hilfe beanspruchen müssen. Die Steuerfreiheit des Existenzminimums und die Entlastung für Familien mit Kindern (auch Alleinerziehende), dort ist Handlungsbedarf.
Von der Wiedereinführung des Altersabzugs profitiert hingegen hauptsächlich eine Gruppe, welche gar keine Entlastung braucht. Gut situierte ältere Personen, mit Maximalrente, Pensionskasse, einem stattlichen Bankkonto und einem unverschuldeten Wohneigentum. Bei der Abschaffung des Altersabzuges hat man gleichzeitig andere Abzugsmöglichkeiten eingeführt, z.B. für chronisch Kranke und permanent Pflegebedürftige. Solche finanziellen Belastungen können selbst gut Gestellte ans Limit bringen. Deshalb brauchen diese gezielt die Steuerentlastung. Die zur Abstimmung vorgelegte Initiative funktioniert gerade umgekehrt nach dem klassischen Giesskannenprinzip, d.h. es kommt wenig Hilfe dort an, wo es nötig ist, dafür gibt es viele sogenannte Mitnahmeeffekte. Aus diesem Grund empfiehlt Ihnen die SP ein klares Nein.

Heine J. Dietiker