Eidgenössische Abstimmung von 15. Mai
Internetgiganten und Streamingplattformen haben die Kulturlandschaft umgepflügt. Wenn die Schweiz nicht zur totalen Provinz und Kolonie werden will, sollte sie unter anderem dem neuen Filmgesetz zustimmen.

Wirtschaftliche Mechanismen haben schon immer die Kultur beeinflusst. Beispielsweise als es noch kein Urheberrecht gab und Künstler dementsprechend abhängig waren von Aufträgen der Kirchen, Adeligen und dem wohlhabenden Bürgertum. Heute sitzen andere Akteure am Hebel: die grossen Plattformen, welche bestimmen, was wir alle sehen und hören können und was nicht. Die Schweiz ist ein lukrativer Markt für diese Dienste. Und weil diese Dienste zumeist in den USA sitzen, setzen sie uns auch überwiegend Produktionen von dort vor. Mit der Zeit führt ein solches Ungleichgewicht zu einer kulturellen Kolonisierung, die wir nicht wollen.
Die Vier Prozent Regel
Dafür hat sich der Gesetzgeber etwas ausgedacht. Frankreich, das selbst eine starke Filmindustrie hat, besteuert den Umsatz solcher Dienste pauschal mit 4 Prozent. Für die Schweiz wäre das nicht unbedingt eine gute Lösung, denn damit wäre unserer lokalen Filmindustrie nicht geholfen. Selbst wenn das Geld für Filmförderung eingesetzt würde, wäre nicht garantiert, dass diese Produktionen jemals ein Publikum finden.
Also hat das Parlament ins Gesetz geschrieben, dass die Plattformen 4 Prozent der in der Schweiz anfallenden Umsätze in Schweizer Produktionen investieren müssen. Das würde letztendlich dazu führen, dass diese Produktionen dann auch angeboten und genutzt werden, möglicherweise sogar über die Schweiz hinaus. Wenn viele Länder so verfahren, bekämen wir dann vermehrt beispielsweise auch schwedische oder italienische Filme angeboten. Unser Kulturangebot würde reichhaltiger und internationaler. Und die Plattformen selbst würden ihrem eigentlichen Sinn, dem kulturellen Austausch, mehr entsprechen als heute.
Anzeiger von Wallisellen vom 28.4.2022