Ein grosses Lob für den Gemeinderat und die Werke von Wallisellen: Die Informationsveranstaltung für Parteienvertreter zur Eigner- bzw. Unternehmensstragegie (AvW vom 30.1.29) ist gelungen. Die Diskussionen waren spannend und konstruktiv.

Solche Veranstaltungen dürfen ruhig Schule machen, vor allem bevor alle Fragen schon entscheidungsreif sind. So ist es einfacher, gemeinsam Lösungen zu finden.

Grün beim Strom

Wir von der SP sind ebenfalls zufrieden mit der Elektrizitätsstrategie. Die Werke planen bis 2050 pro Jahr 30 GigaWattStunden Solarstrom zu produzieren und dank fairen Einspeisevergütungen erreichen die Privaten vielleicht noch etwas mehr. Damit sind wir schon nahe beim Walliseller Anteil des Solarplans von Roger Nordman - also bei genügend Solarstrom, um den Wegfall der Kernkraftwerke zu kompensieren und den Mehrverbrauch durch Wärmepumpen und ElektroMobilität zu decken. Und wie ein anwesender Gemeinderat meinte: Es darf ja auch schneller gehen.

geplant: Solarstrom von der Staumauer des Muttsees (GL)

Diese Strategie ist nicht nur ökologisch nachhaltig, sondern auch wirtschaftlich. Denn, wie ETH Professor Anton Gunzinger letzte Woche im Tagi schrieb, "ist heute Energie aus Sonne und Wind günstiger als fossile Energie – als Kohle, Öl oder Gas – und viel günstiger als Atomenergie." und "..., dass Öl günstig sei und erneuerbare Energie teuer ... war vor zehn Jahren ja auch korrekt. Doch heute haben sich die Verhältnisse umgekehrt.". Der Preisvorteil wird weiter wachsen.

Fragezeichen beim Gas

Markus Keller, der Geschäftsführer von der Werke Wallisellen, vertrat eloquent die Gasstrategie der Werke und der Gasindustrie: Heute 15% Biogas (gegen Aufpreis mehr) und bis 2050 Halbierung des gesamten Gasumsatzes und eine Umstellung auf Bio- und synthetisches Gas, das mit dem überschüssigen Ökostrom an sonnigen (und windigen) Sommertagen hergestellt wird.

Das scheintt klimaverträglich und wirtschaftlich vernünftig, nur waren in den letzten Jahren die Diskussionen über die Zukunft von Gas sehr kontrovers, jeder Akteur verteidigte sein Geschäftsfeld und es war nicht einfach, sich zurechtzufinden. Doch im letzten Herbst hat das Bundesamt für Energie ein Positionspapier über die "Künftige Rolle von Gas und Gasinfrastruktur in der Energieversorgung der Schweiz" veröffentlicht und damit etwas Klarheit geschaffen. Dieses Positionspapier und die Strategie der Werke stimmen kurzfristig überein, nicht aber für das Ziel im Jahre 2050 mit Netto-Null Treibhausgas-Emissionen.

Das hat mehrere Gründe: Das Potential von Biogas für die Schweiz ist viel zu klein. Die CO2-Emissionen sind zwar besser als bei Erdgas, aber immer noch erheblich. Die Herstellung von synthetischem Gas braucht soviel Strom, dass es sinnvoller ist, mit Wärmepumpen zu heizen. Die saisonale Speicherung von Gas ist weder einfach noch billig. In einer dekarbonisierten Welt sind Bio- und synthetische Gase wertvolle Energieträger und sollen dort eingesetzt werden, wo sie nicht so leicht zu ersetzen sind wie bei Gebäudeheizungen.

Originalton Bundesamt für Energie: "Langfristig muss sich die Gasbranche jedoch auf ein Ausstiegszenario vorbereiten, bei dem Erdgas nicht weiter für Raumwärme eingesetzt wird". Gerade in einer dicht besiedelten Gemeinde wie Wallisellen macht das Sinn. Hier wird u.a. der Ausbau von Fernwärmenetzen mit erneuerbaren Quellen (z.B. Abwärme oder Holz) empfohlen - ein zukunftsträchtiges Geschäftsfeld, das auch für die Werke interessant sein könnte.

Risiko

Also nimmt der Gasverbrauch wahrscheinlich stärker und möglicherweise schneller ab, als dies die Strategie der Werke vorsieht. Profitabel in einem schrumpfenden Geschäftsfeld zu arbeiten, ist eine Herausforderung für das Managment! Besonders mit einem Gasnetz, für das man aufwändig Leitungen baut, welche 40 bis 80 Jahre halten sollten.

Die Konsequenz für uns: Die Redimensionierung des Gasnetzes muss in die Strategie und sofort geplant werden, um den Hausbesitzern Planungssicherheit zu bieten. Sonst wächst das Risiko grosser Verluste für die Werke, die Gemeinde Wallisellen und die Hausbesitzer.

Anzeiger von Wallisellen vom 6.2.2020

Quellen

  • BFE. 2019. Künftige Rolle von Gas und Gasinfrastruktur in der Energieversorgung der Schweiz. ⇒link
  • Anton Gunzinger. 2020. Die fossilen Jahre sind vorbei. Gastkommentar im Tagesanzeiger. ⇒link
  • Roger Nordmann. 2019. Sonne für den Klimaschutz. Ein Solarplan für die Schweiz. ⇒link, ⇒Präsentation
  • WWF. Elmar Grosse Ruse. Factsheet. Erdgas – Biogas – Power-to-Gas. Potenziale, Grenzen, Infrastrukturbedarf. ⇒link