Fast gratis Wasser vom Brunnen oder Wasserhahn trinken, die Kinder am Bach planschen sehen oder sich sanft vom Seeufer ins kühle Wasser gleiten lassen – das sind Inbegriffe unserer Schweizer Freiheiten und unserer Lebensqualität. Aber nicht nur das: der Zugang zu Trinkwasser und zu den Gewässern ist ein Grundrecht in allen Schweizer Kantonen.

Am 10. Februar stimmen wir im Kanton Zürich über ein Wassergesetz ab, das dieses Grundrecht gefährdet.

Ausgangspunkt für das neue Zürcher Wassergesetz war das revidierte eidg. Gewässerschutzgesetz, das 2011 in Kraft trat. Als Gegenvorschlag zur daraufhin zurückgezogenen Volksinitiative „Lebendiges Wasser“ von Naturschutz- und Fischereiverbänden will es den Seen, Flüssen und Bächen mehr Platz und natürlichere Ufer zu schaffen. Es wird ein „Gewässerraum“ geschaffen wird, der dünger- und giftfrei bewirtschaftet werden und von Überbauungen frei gehalten werden muss.

Doch kaum war das Gesetz in Kraft, wurden die Lobbyisten der Agrarindustrie in den Kantonen aktiv. Ihr Ziel: gemeinsam mit der Immobilienlobby den Vollzug verzögern, blockieren und langfristig verunmöglichen. So wurden alle Abschnitte des Gesetzes, welche sich mit dem Gewässerraum beschäftigen, entgegen dem Bundesrecht abgeschwächt. Bäche und Flüsse sind aber für die Bevölkerung, für Tiere und Pflanzen unersetzliche Erholungs- und Lebensräume. Das Gleiche beim Hochwasserschutz: das Risiko steigt mit der absehbaren Klima-Überhitzung, aber im Kanton Zürich schlägt man die Empfehlungen aller Experten für grössere Vorsicht in den Wind.

Am weitesten aber geht das Gesetz bei den Einschnitten ins öffentliche Eigentum an Wasservorkommen und in die öffentliche Trinkwasserversorgung. In letzter Minute wurde die Vermutung in § 4, wonach jedes Wasservorkommen grundsätzlich öffentlich ist, durch einen mageren Verweis auf das eidg. Zivilgesetzbuch ersetzt. Damit bricht man mit einer tausendjährigen alemannischen Rechtstradition, welche jegliches Wasser zur „Allmend“ zählt, die von allen genutzt werden darf.

Schweizweites Aufsehen erregt schliesslich der Tabubruch im § 107, dem eigentlichen Schicksalsartikel des Wassergesetzes. Er will, dass nebst den Gemeinden auch Investoren Teile von Trinkwasserversorgungen und Kläranlagen aufkaufen dürfen. Der Regierungsrat wollte dies noch verbieten. Dabei versteht sich von selbst, dass Anleger Renditeerwartungen haben oder als Grossbezüger günstige Tarife für sich selber erreichen wollen. Der Hinweis der rechten Mehrheit auf die uralten Wassergenossenschaften ist scheinheilig. Diese waren nie Vehikel für millionenschwere Investoren gewesen, wie sie hinter dem Ansinnen von SVP, FDP, CVP und EDU stehen.

Zusammen mit einer breiten Allianz von Umweltverbänden, Mitte-Links-Parteien und Gewerkschaften kommen wir zum Schluss:

Wasser muss öffentlich bleiben, und wir müssen unsere Gewässer als natürliche Lebens- und Erholungsräume viel besser schützen, wie es der Bund zum Glück vorschreibt. Dieses Gesetz bringt nur Rückschritte und neue Risiken für die Allgemeinheit und die Natur, deshalb verdient es ein klares Nein an der Urne.

erschien leicht verändert im Anzeiger von Wallisellen vom 31.1.2019