Nach einer kurzen Mitgliederversammlung der SP, an der unter anderem die Vorlagen der Gemeindeversammlung vorgestellt wurden und auf Zustimmung gestossen sind, hat die Nationalrätin Jacqueline Fehr einer erweiterten Zuhörerschaft die komplizierte Materie unseres Krankenkassensystems erklärt. Als Expertin auf diesem Gebiet verstand sie es, höchst kompetent und dennoch verständlich die eigentlichen Probleme des heutigen Systems und dessen unabsehbaren Kostenentwicklung darzulegen.
Unser Gesundheitssystem ist darum so kompliziert, weil sehr viele verschiedene Interessensgruppen darin aufeinandertreffen: Versicherungen, Leistungserbringer, Pharmaindustrie, Patienten usw.
Nachdenklich stimmten vor allem zwei Punkte: Erstens ist die Prämienentwicklung im heutigen System mit mehr als 60 Krankenkassen nicht voraussehbar, weil die Korrelation zwischen finanziellem Input und Output selbst für Experten nicht nachvollziehbar ist. Zweitens verursachen über 50 Prozent der Versicherten keine, während 20 Prozent über 80 Prozent der Kosten generieren, wobei chronische Krankheiten wie Krebs, Diabetes, Herz-Kreislauf-Störungen und Demenz den Löwenanteil ausmachen. Die Konkurrenz unter den Krankenkassen ist nun so angelegt, dass genau diese Patienten möglichst abgeschoben werden sollen, indem z.B. das teure Krebsmittel erst mit deutlicher Verzögerung bezahlt wird – mit dem Hinweis (wenn man nach der Verzögerung fragt), dass man ja die Krankenkasse jederzeit wechseln könne – falls man mit einem solchen Vorgehen nicht einverstanden sei.
Kurzum: Es gibt keine integrale Betreuung der teuersten Patienten mit chronischen Krankheiten. Durch die nicht in allen Bereichen und langfristig angelegte Betreuung entstehen Folgekosten, welche wiederum die Allgemeinheit zu übernehmen hat. Vorsichtige Berechnungen gehen davon aus, dass durch die in der öffentlichen Krankenkasse vorgeschriebene integrale Betreuung, welche auch die Handlungsfähigkeit des Patienten erhöht, gut 20 Prozent eingespart werden können. Das sind auf das gesamte Volumen der Krankenkasse umgerechnet 10 Prozent.

Auch wenn die Einheitskasse nicht nach helvetischer Pluralität klingt, so ist sie es unerwarteterweise in vielen Punkten: Erstens wird sie zwar eidgenössisch verwaltet, arbeitet aber über kantonale Agenturen, so dass die Kosten je nach Ort immer noch variabel sind. Zweitens interessiert sie sich gerade für die schwerwiegenden Krankheiten und eine optimale Betreuung, aber auch Prävention, um die Kosten insgesamt zu reduzieren, ohne dies mit Spielchen auf den Patienten abwälzen zu müssen. Und drittens hat sie die urschweizerische Institution der SUVA zum Vorbild, welche schon seit langem eine Hochrisikogruppe übernommen hat und erfolgreich in der Prävention wie in der langfristigen Betreuung operiert.
Jedenfalls war manchen Besuchern beim anschliessenden Glas Wein im Restaurant Virmond im Richti-Areal klar, warum hinter dem Slogan der Einheitskrankenkasse gegen die Kostenexplosion sehr viel steckt – was clever durchdacht ist. Dass es die gute Lösung aber schwer haben wird gegen die mit unserem Geld finanzierte Gegenwerbung aller Krankenkassen und deren Aufsichtsräte, die direkt mit der Politik verstrickt sind, ist voraus zu sehen. Umso beherzter darf das JA an der Urne sein.
Dieser Artikel erschieint im Anzeiger von Wallisellen vom 18.9.2014